Ich habe immer wieder im Internet Beiträge gelesen, wo heftigst kritisiert wurde, dass ein Meerie-Besitzer es zugelassen hat, dass eine Injektionsnarkose bei seinem Schweinchen gemacht wurde und keine Inhalationsnarkose...
Dazu hatte ich vor vielen Jahren mal eine Unterhaltung mit meinem Tierarzt.
Er sagte, dass viele Meerschweinchen bei der Injektionsnarkose starben, weil es ein Lehrbuch gibt, in dem die falsche Dosierung steht und da sich noch immer viele Tierärzte daran halten, ging es eben oft daneben.
Wichtige Infos:
"Bei einer reinen Injektionsanästhesie kommt es praktisch nie (im Gegensatz zur Inhalationsanästhesie) zu einer starken Bronchosekretion (Verschleimung)."
"Eine chirurgisch belastbare Anästhesie ist mit einem einzigen Anästhetikum nicht möglich, da keines der verfügbaren Injektionsanästhetika alleine alle geforderten Kriterien der Anästhesie (Hypnose, Relaxation, Analgesie) erfüllt."
Quelle: http://www.mueller-heinsberg.de/html/narkose_nagetiere.HTM
Damit ist ziemlich klar, dass eine reine Injektionsnarkose ebenso gut/schlecht ist, wie eine Inhalationsnarkose und nicht unbedingt geeignet.
Dies ist eine der schonensten Narkosen, aber leider wird das Schmerzempfinden nicht weit genug ausgeschaltet. Das Tier wird also bewegungsunfähig gemacht, fühlt aber Schmerzen, so dass diese Narkoseart sich eher eignet für:
Untersuchungen, bei denen ein Tier ganz still liegen muss
Zahnuntersuchungen bei denen ein Spreizer eingesetzt wird
Entfernen von kleinen Zahnspitzen
oberflächliche, recht schmerzlose OP's etc.
Zu beachten ist auch, dass das Narkosegas ziemlich übel riecht und das Meeri in Panik versetzen kann. Es muss vorher unbedingt ein kurz wirkendes Narkosemittel gespritzt werden. Stress vor der OP kann zu Komplikationen führen!
Eine Vollnarkose wird durch die drei Punkte "Bewusstseinsverlust", "Muskelentspannung" und "Schmerzfreiheit" gekennzeichnet.
Die Triple-Narkose garantiert dies und ist damit die schonenste und sicherste Narkose, die es derzeit gibt.
Diese Narkose ist vollständig antagonisierbar (aufhebbar), dadurch sind die Tiere schon wenige Minuten nach der OP wieder wach und fangen an zu fressen.
Hier werden drei (= Triple) unterschiedliche Narkosemittel zusammen verabreicht. Diese Narkose ist schonend und je nachdem, wie tief die Operation geht, kann separat das Schmerzempfinden weiter ausgeschaltet werden. Somit ist gewährleistet, dass das Tier keine Schmerzen hat, aber der Kreislauf wird nicht allzu stark belastet. Dies ist besonders bei älteren und/oder herzkranken Tieren und bei Zahnpatienten (häufigere OPs) von Vorteil.
bei der Narkose das Lebensalter, die Vorgeschichte und die Art der Erkrankung bedenken.
das Tier vor der Operation gründlich untersuchen (Herz etc.).
das Tier in der Aufwachphase beobachten und nicht nach Hause geben, bis es wieder fit ist, gefressen und Kot/Urin abgesetzt hat.
kein Tier Schmerzen ertragen lassen (den Arzt auch drauf ansprechen!).
Meloxicam (Metacam) wirkt sehr gut und kann auch recht gut dosiert werden
Alternativ kann Metamizol (Novalgin) gegeben werden - bei schweren OPs auch in Kombination mit Metacam.
Außerdem wird er das richtige Nahtmaterial wählen!
Es sollten nur PGA- oder PGS-Fäden benutzt werden, die absorbierbar und für die Schweinchen sehr gut verträglich sind.
Meine TÄe spülen die OP-Wunde auch immer noch mit einem Antibiotium. Ich habe bei meinen Jungs noch keinen Abszess nach einer Kastration oder sonstigen OP gehabt, die so durchgeführt wurde.
Das hier ist eine Kleintier-Intensivstation, wie mein ehemaliger TA sie benutzte. Dort schläft das Tier seinen "Narkoserausch" aus:
Natürlich gehen auch die üblichen "Intensiv-Boxen", in denen die Tiere nach der OP überwacht werden.
Nach schweren Operationen werden sie dort vom Fachpersonal gepäppelt, bekommen Wärme, Medikamente und Infusionen.
Hier ein paar Dinge, mit denen der Futtergeber zum Gelingen einer OP beitragen kann. Zuerst einmal die Zeit vor der OP:
ca. 5 Tage vor der OP viel Vitamin-C-haltiges Futter (z.B. Hagebutte, Paprika etc.) anbieten
12 Stunden vor der OP nur Heu und Blattgrün geben. Nichts blähendes! Immer im Hinterkopf behalten: Meeris können zwar nicht erbrechen, aber ihnen kann durchaus übel werden.
Transport des Tieres bei sehr großer Hitze: für Kühlung sorgen (bitte dennoch beachten, dass die Tiere nach der OP warm gehalten werden müssen), keine Zugluft.
Transport des Tieres bei Kälte: für Wärme sorgen (Wärmflasche, Moorwärmflasche, Dinkelkissen)- nicht zu heiß!, keine Zugluft.
"Krankenstation" vorbereiten, in denen das Tier zumindest die ersten Stunden nach der OP seine Ruhe hat. Einen ruhiges Partnertier als 'Krankenschwester' auswählen.
Ganz wichtig:
Meerschweinchen können nicht erbrechen. Sie dürfen bzw. MÜSSEN sogar bis direkt vor der OP trinken und fressen!
Bei einem 'ausgenüchterten' Meeri kann es zu einer Unterzuckerung kommen. Außerdem kann es im leeren Darm zu starken Aufgasungen kommen, die zum Tode führen können.
Wenn man das Tier abgeholt hat, kann es ruhig noch eine Weile im Caddy bleiben, falls es noch etwas benommen ist. Der Caddy hat Höhlencharakter und das Tier fühlt sich dort unter Umständen wohler. Wird das Tier lebhafter, kann man es in seine "Krankenstation" setzen. Noch besser: den Caddy ins Gehege stellen und öffnen. Dann kann das Tier selber entscheiden, wann es "umziehen" will.
Noch ein paar Tipps:
Nach Möglichkeit nichts blähendes füttern, bevor das Tier nach der OP Heu gefressen hat.
(Blattgrün ist ok, prophylaktisch sollte man Sab Simplex oder Lefax liquid geben)
Eine Wärmflasche oder Rotlichtlampe gibt die nötige Wärme, die das Schweinchen nach der OP benötigt. Wichtig: das Meerschwein nicht überhitzen. Es sollte sich von der Wärme entfernen können.
(Lampe nicht zu nah ans Schweinchen stellen und Wärmflasche nicht zu heiß befüllen, da sonst das Tier überhitzt wird bzw. sich verbrennt)
Trinkt das Tier nicht, kann man Traubenzucker in Wasser oder verdünntem Fencheltee auflösen und dies dem Schweinchen zu trinken geben. Gut dafür eignet sich eine Plastikspritze (ohne Kanüle!), die man seitlich ins Mäulchen schiebt.
Frisst das Tier auch ein paar Stunden nach der OP nicht, muss man u.U. Critical Care füttern. Rohfaseraufnahme ist wichtig für das Tier und ein leerer Magen/Darm kann zu schweren Komplikationen führen. Man sollte dann unbedingt den Tierarzt anrufen.
Das Tier nicht herumtragen bzw. ständig streicheln. Es gibt zwar ein paar Tiere, die das mögen, aber die meisten eben nicht. Ein betäubtes Tier hat kaum eine Möglichkeit ständig der Hand zu entkommen. Besser wäre, ihm einen ruhigen Partner zu geben, der für das operierte Tier 'sorgt'.
Darauf achten, dass das Tier sich nicht die Fäden der Naht aufknabbert!
Sobald das Tier komplett fit ist, frisst und köttelt, sollte es wieder zurück in die Gruppe gesetzt werden.
Es sollte immer ein Partnertier an der Seite des Patienten sein, sofern nichts dagegen spricht.
In der Woche nach der OP füttere ich eine Kräutermischung aus Echinacea (stärkt Abwehrkräfte), Ringelblumenblüten (verbessert Wundheilung), Hagebutte (regt Abwehrkräfte an), Johanniskraut (Kreislaufstabilisierend)& Pfefferminz (appetitanregend).
In diesem Text geht es hauptsächlich um schwere/tiefe OPs.
Natürlich ist eine Kastration auch eine OP, aber eine recht oberflächliche. Je jünger der Bock ist, umso einfacher, denn das Fettgewebe ist noch minimal in den Hoden. Aber auch ältere Böcke überstehen eine Kastration recht gut. Schmerzmittel ist meist nur am OP-Tag und am nächsten Tag notwendig. Eventuell noch am übernächsten Tag.
Hier ist es besonders wichtig, dass das operierte Tier sobald wie möglich wieder zu seinen Kumpels gesetzt werden muss.
Nach großen und schweren OPs kann man das frisch operierte Tier durch ein Gitter von der Gruppe trennen, bis es fit genug ist.
Sie sollten sich zwingend sehen, riechen und miteinander kommunizieren können.
Ich denke, es ist vor allem ganz ganz wichtig, einen Tierarzt zu finden, der sich wirklich gut mit "Kleine Heimtiere" (dazu gehören u.a. Kaninchen, Meerschweinchen, Hamster, Ratte, Maus usw.) auskennt! Er sollte auch erklären, was er machen will und welche Risiken eine Behandlung mit sich trägt.
Da man am OP-Tag seines Tieres manchmal "etwas neben der Spur" ist, hat es sich bewährt, Dosierungen für Medikamente und andere wichtige Dinge zur Nach-Behandlung vom Tierarzt aufschreiben zu lassen.
Es versteht sich von selbst, dass die Naht täglich kontrolliert werden sollte, denn es könnte sein, dass das Tier daran herumknabbert. Außerdem kann man schneller handeln, falls sich eine Entzündung entwickelt. Dies sollte zwar nicht vorkommen, aber Sicherheit geht vor.
Von Halskrausen, die leider auch heute immer noch von manchen Tierärzten empfohlen werden, kann ich nur abraten. Die Tiere können damit nicht vernünftig fressen und trinken und es bildet sich häufig Pilz unter dem Plastik.
Oft wird geraten, die Tiere nach einer OP (besonders nach Kastrationen) auf Tüchern zu halten. Das ist eher kontraproduktiv, da Tücher die Flüssigkeit (Urin) aufnehmen, aber dann speichern. Das bedeutet, dass das Tier im eigenen Urin sitzt. Saubere Einstreu ist da um vieles besser. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, kann auf die Einstreu Tücher legen. So kann der Urin durchsickern und wird von der darunter liegenden Streu aufgefangen. Natürlich gilt auch hier der (mindestens!) tägliche Tücherwechsel.
Sicher kann man bei einer Behandlung oder OP nicht alle Komplikationen ausschließen (das wurde uns oft genug bewiesen), aber je mehr man weiß, umso besser ist man vorbereitet und kann schneller reagieren.