Literaturrecherche: Zyklus, Ovulation und Kastraten-Daseinsberechtigung



Zyklus beim Meerschweinchen

Man entscheidet beim Meerschweinchen den regulären und spontanen Östrus (Brunst) (1). Beides scheint vorzukommen, wie bei vielen anderen Tierarten auch. Das heißt, dass ein Meerschweinchen durchaus spontan brünstig wird, wenn sich eine "gute Gelegenheit" bietet, um trächtig zu werden. Das erklärt diese Geschichten, wo ein Bock sich in eine Weibchengruppe verirrt und es schafft alle Weibchen zu decken. Und man sollte darum extrem vorsichtig sein mit dem Dazusetzen von frisch Kastrierten, denn es gilt nicht: Mein Weibchen war gerade brünstig, dann passiert jetzt 3 Wochen lang nichts.

Des Weiteren gibt es eine Reflex- oder Koital-induzierte Ovulation (2) beim Meerschweinchen und vielen anderen Tierarten. Hier gehen aber dann die Aussagen in den Publikationen der letzten 70 Jahre auseinander und leider gibt es auch nur wenig nur über das Meerschweinchen. Bezogen auf diverser Tierarten, wobei ich denke, dass es identisch gesteuert sein muss, machen einige alleine die Kopulation und dann auch noch die Anzahl der Kopulationen (je mehr desto besser) verantwortlich und dann wird die Ovulation mechanisch-neuronal reguliert über eine Ausschüttung des LH (Luteinisierendes Hormon) (3, 4). Andere sagen, dass die Ovulation durch die Spermien induziert werden könnte, aber bis dato weiß man noch nicht, wie das genau funktioniert (5). Und wieder andere sagen, dass beides einen Effekt hätte und im Zusammenspiel den größtmöglichen Erfolg (sofortige Ovulation) bewirkt (1,5), aber auch alleine zum Ziel führt (1,5).

Spannenderweise scheint der reguläre Zyklus beim Meerschweinchen tatsächlich durch die bloße Anwesenheit eines Männchens gesteuert werden (6,7). Das Männchen sondert über die Kaudaldrüse Sexualhormone (Pheromone) ab, die werden über das Vomeronasales Organ aufgenommen (6,7). Das Vomeronasales Organ besteht aus winzigen Einbuchtungen auf beiden Seiten der Nasenscheidewand. Bedingt durch die Aufnahme der Pheromone an den Rezeptoren des Vomeronaselen Organs werden neuronale Signale über die Amygdala an die Hypophyse geleitet. Diese Signale sorgen dort für die Regulation der Bildung von LH (Luteinisierendes Hormon) (6). Trifft ein Weibchen plötzlich auf ein Männchen oder ein fremdes Männchen, dann kommt es zu extremen Anstieg an LH und zu einer spontanen Brunst (7). In der normalen gemischten Haltung sorgt der Bock einfach nur für einen regulären Zyklus.


Fazit:

Was heißt das nun für unser Meerschweinchen:

Eindeutig zeigt eine Studie, dass Weibchen in Einzelhaltung oder ohne Männchen häufiger Hormonstörungen haben (Hamel, 1979).

Eine Spermien-induzierte Ovulation gibt es nicht beim Kastraten, aber eine durch Kopulation-induzierte Ovulation, die zwar allein nicht so wirksam zu sein scheint, aber dennoch wirkt.

Viel wichtiger erscheint mir aber die geruchliche Steuerung des weiblichen Zyklus und die ist eindeutig bewiesen.

Also dürfen wir uns in Zukunft besonders über die müffelnden Jungs freuen, denn die sorgen in bester Absicht und mit vollem Einsatz für einen ausgewogenen Hormonhaushalt der Mädels.


Quellen:
1) Goldfoot DA and Goy RW (1970). Abbreviation of behavioral estrus in guinea pigs by coital and vagino-cervical stimulation. Journal of Comparative and Physiological Psychology 72: 426-434.

2) Zarrow MX, Campbell PS and Clark JH (1968). Pregnancy Following Coital-Induced Ovulation in a Spontaneous Ovulator. Science 159: 329-330.

3) Wildt DE, Seager SW and Chakraborty PK (1980). Effect of copulatory stimuli on incidence of ovulation and on serum luteinizing hormone. Endocrinology 107:1212-7.

4) Fee AR and Parkes AS (1930). III. Effect of vaginal anæsthesia on ovulation in the rabbit. J Physiol. 70: 385–388.

5) Johnston SD, Callaghan, PO, Nilsson K, Tzipori G and Curlewis JD (2004). Semen-induced luteal phase and identification of a LH surge in the koala (Phascolarctos cinereus). Reproduction 128: 629-63.

6) Parkes AS and Bruce HM (1961). Olfactory Stimuli in Mammalian Reproduction: Odor excites neurohumoral responses affecting oestrus, pseudopregnancy, and pregnancy in the mouse. Science 13: 1049-1054.

7) Brennan PA and Keverne EB (2004). Something in the Air? New Insights into Mammalian Pheromones. Current Biology 14: R81–R89.



© Dr. Petra Lahann (Literaturrecherche / 29.06.2009)
[Dieser Bericht wurde mit Genehmigung der Autorin veröffentlicht.]






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