Zum Thema "Wir wollten doch nur einmal Baby-Meerschweinchen haben"



Hier sind ein paar Bilder zu sehen, von dem, was Notstationen sich ansehen müssen, weil einige Leute meinen, sie müssten wild irgendwelche Meerschweinchen vermehren.

Ich habe schon von Erwachsenen gehört, dass sie kein Geld für eine Kastration hatten, aber sich auch keine weiteren Tiere anschaffen wollen. Daher durften die Meerschweinchen dann unter Aufsicht zusammen fressen/im Freilauf sitzen etc. - man würde ja "aufpassen"...
Man kann NICHT aufpassen! Der Deckakt dauert nur Sekunden und bis man den aufspringenden Bock vom Mädel runtergepflückt hat, ist es schon zu spät!

Manchmal kommt es vor, dass die Kinder einen potenten Bock mit einem Mädel "spielen" lassen - wo sie doch sonst jeder in ihrem eigenen Käfig sitzen (was alleine schon von der Haltung her ganz schlimm für diese sozialen Tiere ist).
Auch hier gilt: man kann nicht aufpassen und eine Trächtigkeit ist so gut wie sicher. Und nein, es ist NICHT lustig, wenn das Böckchen sich vom Weibchen "tragen" lässt...

Ebenso häufig passiert es, dass potente Böcke aus ihrem Gehege ausbrechen und den Weg zu Weibchen finden, die im selben Zimmer leben. Ein Bock kann über 50-60 cm hohe Absperrungen springen, er kann sich durch kleine Ritzen zwängen, Steine beiseite schieben und frisst sich durch Plastik, wenn auf der anderen Seite ein gut duftendes Mädel sitzt.

Auf keinen Fall(!) sollte man einfach einen Bock zu einem Weibchen setzen und "mal eben" selber Babys "züchten". Es gibt bei der regulären Zucht unendlich viel zu beachten (Genetik) und man setzt das Leben des Weibchens aufs Spiel, wenn man nicht über das nötige Wissen verfügt. Sogenannte Kinderzimmervermehrungen enden oft tödlich für Weibchen, wie auch für die Jungen, wie man an einigen der nachfolgenden Bilder und Geschichten sehen kann.


Vorweg gesagt: natürlich blutet ein Meeri bei einer Geburt etwas. Sie fressen ja auch die Nabelschnur und den Mutterkuchen auf, ebenso wird die Umgebung von allem gesäubert, was Fressfeinde anlocken könnte - so hat es die Natur vorgesehen. Meistens sieht man nach der Geburt nichts mehr vom eigentlichen Vorgang - es wuseln nur kleine Babys herum (mit Glück).



ACHTUNG! Es folgen Geschichten mit den dazugehörigen Fotos, die nichts für einen schwachen Magen sind!












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Dies ist die Geschichte eines namenlosen Meeris.
Sie wurde bei einer jungen Notstation-Betreiberin abgegeben und diese fand ein paar Wochen später ein totes Meeribaby
welches verkrüppelte Gliedmaße hatte und einen offenen Rücken, teilweise einen offenen Bauchraum.

Das Muttertier hat die Totgeburt relativ gut überstanden.

NoName NoName




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Dies ist die Geschichte von Jill.
Jill stammt aus einem Notfall in Hamburg. Sie saß mit zwei weiteren Weibchen (Mutter + Schwester), einem Kastraten (Vater)
und zwei Jungböcken (Brüder) in einem kleinen Käfig, der schmierig vor Nikotin war. Bis auf das Muttertier waren alle Meeris
Schimmeltiere.

Dass sie aus einem Raucherhaushalt kam, war ja bekannt, aber wie schlimm es ist, wurde erst beim Abhorchen klar. Ihre
Bronchien waren sehr in Mitleidenschaft geraten. Da nicht bekannt war, ob sie gedeckt wurde, bekam sie homöopathische
Mittel zum entgiften und frische Luft verordnet. Das hat auch soweit gut geklappt.

Jill war knapp 4 Monate alt als sie als Nottier zu mir kam: KLICK

Ca. 4 Wochen nach ihrer Ankunft hatte Jill eine Totgeburt. Das Baby wog 27g und war missgebildet.

Jill Zum Glück hat Jill das Baby einfach liegen gelassen.
Hätte sie versucht, es zu fressen, hätte sie es nicht überlebt.
Jill Das Baby hatte keine Knochen, außer im Kopf, die Ohren und die Hinterbeine fehlten.
Jill Jill hat die Geburt zum Glück gut überstanden.




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Dies ist die Geschichte von Ina.
Ina stammt aus einem Notfall mit 11 Schweinchen (4 Weibchen, 7 Böckchen).
Eine Familie hatte sich zwei Meerschweinchen gekauft - ein Pärchen - und dann kamen immer wieder Babys, bis sie sich entschlossen, sich von den ganzen Tieren zu trennen und nur zwei Böcke zu behalten.

Ina war knapp 6 Monate alt und hat bei ihrer Ankunft noch ihr Baby (Amalia) gesäugt. Sie wog 578g und war bereits nachgedeckt.
So kam sie als Nottier zu mir: KLICK

Ina & Babys Ina & Babys


Alles sah gut aus, Ina war eine hingebungsvolle Mama und hatte einen guten Appetit.
Sie nahm normal zu und es gab eigentlich keinen Grund zur Besorgnis.
Am Abend vor der Geburt hatte sich die Schambeinfuge leicht geöffnet, aber Ina war entspannt und hat ordentlich gefuttert.

Am 21.10.2011 um 5 Uhr morgens bot sich uns ein gruseliges Bild.
Ina hatte vier Babys geboren und zwei davon waren tot.
Außerdem war alles um sie herum noch blutig und sie selber ziemlich aufgeplustert.
Davon abgesehen verströmte sie einen merkwürdigen Geruch...

Ina & Babys Ina hatte unter der Geburt eine Toxikose bekommen...
Ina & Babys 2 Babys waren tot.
Ina & Babys Ina & Babys
Ina & Babys Obwohl sie sich kaum aufrecht halten konnte, hat sie ihre Babys gesäugt.
Ina & Babys Viel zu klein und voller Giftstoffe, die von der Mama übertragen wurde.
Sie waren so zittrig und alle drei haben sich aneinandergedrängt...

Ina ging es sehr schlecht. Sie bekam beim Tierarzt Infusionen und etliche Spritzen.
Uns war aber ziemlich bald klar, dass wir sie nur so lange wie es irgendwie ging am Leben halten mussten,
damit die Babys bei ihr trinken konnten - auch wenn wir uns erhofft haben, dass auch Ina diese Toxikose überlebt.

Ina & Babys Die tapfere kleine Mama ist zwei Tage nach der Geburt ihren beiden toten Babys gefolgt.
Ina & Babys An seinem dritten Lebenstag ging der kleine Minizwerg über die Regenbogenbrücke.
Ina & Babys Der kleine Felix hat es als einziges Baby geschafft - nach wochenlangem, harten Kampf um sein Leben.


Was das alles für uns bedeutet hat, kann sich ein Außenstehender kaum vorstellen...




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Dies ist die Geschichte von Julenka.
Sie wurde viel zu jung gedeckt und dann weggegeben.
So kam sie als Nottier zu mir: KLICK
Ich habe zwei Tage erstmal nur versucht, sie die Geburt überstehen zu lassen.
Das Gehege sah nach der Geburt aus, wie beim 'Kettensägenmassaker' - überall Blut.
Sowas habe ich in vielen Jahren Nottierarbeit noch nicht gesehen.

Am Vorabend der Geburt war die Schambeinfuge leicht geöffnet, der Bauch war ziemlich hart und die Babys haben die kleine
Mama ordentlich getreten. Bis 2 Uhr nachts war sie normal am mümmeln und schlafen - ebenso um 3 und um 4 Uhr. Ich bin
dann eingeschlafen und genau 2 Stunden später, um 6 Uhr morgens, hat mein Mann DAS vorgefunden:

Julenka & Babys Das rote an der Weidenbrücke neben dem noch etwas blutigen
Baby ist BLUT - keine Farbe.
Julenka & Babys Am Häuschen ist ebenfalls alles voller Blut - innen und außen.
Haus Haus
Haus Haus
Julenka & Babys Bei diesem Mini dachten wir erst, es wäre tot, weil es auch
ziemlich kühl war. Es hat aber geatmet und mein Mann konnte es
in der Hand aufwärmen. Nach dem Zurücksetzen ins Gehege haben
sich die Mama und Mitbewohner drum gekümmert.
Julenka & Babys Auch leicht orientierungslos...
Julenka & Babys Julenka & Babys
Julenka & Babys Die anderen Schweinis helfen mit, die Spuren der Geburt zu
beseitigen. Man sieht an Julenka, dass sie sich selber noch nicht
mal komplett gesäubert hat. Es geht ihr auch nicht gut. Sie frisst
nicht, nimmt aber Flüssigkeit aus der Spritze.
Meine Tierärztin ist nicht erreichbar, ich habe dann eine kleine
Menge NaCl infundiert. Das habe ich mal beim Tierarzt gelernt, als
ein anderes Nottier eine Toxikose gebildet hat.
Julenka & Babys Drei Stunden nach der Geburt säugt sie dann endlich ihre Babys.
Julenka & Babys 16 Stunden nach der Geburt geht es den Babys schon recht gut.
Die Mama macht mir noch Sorgen. Sie hat noch weitere Infusionen, etwas
gegen die Übelkeit und regelmäßige Pflege ihrer Wunden bekommen - ihre
Haut ist neben dem Geschlechtsteil aufgerissen (Überdehnung?).
Wir haben etwas Einstreu ausgewechselt und noch Heu drübergestreut.
Julenka 38 Stunden und einige Infusionen später: "Mir geht es wieder besser..."
Julenka Am späten Abend hat sie dann ordentlich Grünzeug vernichtet.
Julenka 2 Tage nach der Geburt, die Risse sind krustig.
Julenka Gut eingesalbt muss alles erst kurz einziehen, bis sie wieder zurück darf.

Infusionen braucht sie ab diesem Zeitpunkt nicht mehr, aber ihre Wunden mussten weiter versorgt werden.
2 Wochen nach der Geburt war alles wieder verheilt, dank täglicher Wundversorgung.
Julenka und ihre Babys haben sehr viel Glück gehabt...




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Dies ist die Geschichte von Monja.
Sie kam aus einem schlimmen Notfall und wurde viel zu jung gedeckt.
So kam sie als Nottier zu mir: KLICK
Da ich mich in sie verguckt habe, darf sie für immer bei uns bleiben.

Monja & Babys Hier sieht man die hochträchtige Monja zwischen ausgewachsenen Meeris
Monja & Babys Monja mit ihren zwei Mini-Babys. Alles gut gegangen...oder?.
Monja & Babys DAS wäre das dritte Baby gewesen...

Das dritte Baby starb vor der Geburt im Mutterleib und wurde mumifiziert, damit die Babyleiche nicht das Leben der Mutter
gefährdet (Vergiftung durch Verwesung). Diese toten, resorbierten Babys nennt man "Steinfrucht". Es können allerdings nur
die Weichteile resorbiert werden. An der fortgeschrittenen Skelettentwicklung von Monjas Steinfrucht kann man erkennen,
dass es erst in der späteren Trächtigkeit verstorben ist.

Es war Glück, dass Monja auch die Steinfrucht "geboren" hat. Manche blockieren den Geburtsweg, wodurch dann die lebenden
Babys nicht geboren werden können und ein Kaiserschnitt notwendig wird. Manche verblieben auch im Mutterleib und sorgen
später für große Probleme.




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Ich möchte noch einmal drauf hinweisen, dass dieser Text keine Anleitung zu einer Therapie sein soll. Bitte besprecht alles, was Ihr unternehmt mit Euren Tierärzten!!!


© H. Appelhagen (07.12.2012)
Letztes Update: 03.12.2020






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